Freitag, 27. Juli 2012

Abschied...und ein paar Gedanken


Eine Tür. Eine ganz banale, einfache, braune Metalltür. Einfach? Banal? Wohl nicht. Diese Tür hat mir den Weg in ein neues, unbekanntes aber aufregendes Leben ermöglicht.

Gestern Abend um 18 Uhr wurden wir verabschiedet. 43 Absolventen der Fachschule für Produktdesign in Selb. Vier Jahre lang hat uns diese schmucklose Tür am Morgen Willkommen geheißen. Genauso, wie sie mich im April 2008 zum Tag der offenen Tür das erste Mal Willkommen hieß und nicht mehr los gelassen hatte. Ich kannte weder die Schule, noch wusste ich wirklich, was sich in deren Mauern abspielte. Aber ich ging durch diese Tür, sah den Menschenhaufen und wusste "Genau hier will ich hin. Das ist genau mein Ding."
Es folgten Aufnahmeprüfung, der Brief dass ich bestanden hatte, und der Umzug von Mittelfranken nach Selb. Ein Schritt, der wehtat, und mich dennoch voranbrachte. "Abnabeln" nannte meine Mum das damals. Erwachsenwerden. Auf eigenen Füßen stehen. Selbstständig werden. Oder auch: allein auf weiter Flur. Fremd. Nicht integriert.
Und dann kam der erste Schultag. 22 fremde Gesichter: meine neue Klasse. Nach dem Abitur wieder Erstklässler sein. Komisches Gefühl. Aber schnell wurden aus Fremden etwas Neues: Weggefährten. Leidensgenossen. Freunde.
Im zweiten Jahr, nach der Zweigwahl, dann neue Leute. "Die" aus der anderen ersten Klasse. Erstmal kritisches beschnuppern. Wie sind "die" wohl drauf? Ob das jemals eine Klasse sein kann? Ich muss ehrlich gestehen: wir waren alles, nur keine gewöhnliche Klasse. Stundenplanbedingt in zwei Gruppen geteilt, folgte eine unvermeidbare Spaltung in zwei Lager. Ob diese durch unseren Klassenlehrer noch forciert wurde, lasse ich mal weitestgehend kommentarlos im Raum stehen. Aber wenn es darauf ankam, waren wir eine Einheit.
Es ging hoch und runter, Stimmungshochs, Motivationstiefs, das allseits beliebte Wort "Frustrationstoleranz" prägte den Weg eines Jeden. Ich wage zu behaupten, dass jeder aus diesem einzigartigen Jahrgang in der Selb-Zeit gewachsen ist. Auch über sich hinaus. Ist ein Stück weiter auf seinem eigenen Weg gegangen. Hat sich ausprobiert und verändert. Neue Ansichten und Horizonte kennen und schätzen gelernt.
Und jetzt, vier Jahre später, zerstreut sich eine zweifellos einzigartige Gruppe unterschiedlichster Individuen in (fast) alle Himmelsrichtungen. Wir treten ein in ein neues, aufregendes Leben, von dem kaum einer so wirklich weiß, was ihn erwartet. Freundschaften werden geprüft, zerbrechen, oder schließen sich neu. Ein steter Kreislauf, der uns vorantreibt, prägt und zu den Menschen macht, die wir sind.

Und da ist sie, die Frage: Wer war ich? Und wer bin ich jetzt?
Als ich nach Selb kam, war ich klein. Klein, grau, schüchtern, hilflos. Nur nicht anecken, unauffällig sein. Farblos.
Und heute? Eine junge Frau von beinahe 24 Jahren, die genug Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein hat, abends alleine in die Disco zu gehen und mit einem knallpinken Shirt inmitten einer schwarzen Horde auf Neue Deutsche Härte zu schwoofen. Die es abkann, schief angesehen zu werden, weil sie mit hoch erhobenem Haupt und einem Lächeln auf den rot angemalten Lippen durch die Straßen geht und sich ihres Lebens freut. Und die einen kleinen, unbekannten Blog führt, den kaum jemand kennt und sich davon dennoch nicht unterkriegen lässt, weil sie Spaß hat an dem, was sie tut.


Gestern Abend um kurz nach 19 Uhr schloß sich diese banale, einfache, braune Metalltür hinter mir. Und öffnete gleichzeitig die Tür in einen neuen Lebensabschnitt, dem ich mit Respekt, Aufregung und Freude entgegensehe. Ich freue mich auf neue Herausforderungen, neue Grenzen die es zu überschreiten gilt um meinen eigenen Weg zu gehen. Ich freue mich auf die Menschen, die diesen Weg an meiner Seite begleiten, die ihn kreuzen werden, Spuren hinterlassen. Ich freue mich auf jeden, der sich meinem Weg anschließen wird und bedanke mich bei denen, die ihn verlassen werden, für die Lebenszeit die sie mit mir verbracht und wertvoller gemacht haben. Danke.

2 Kommentare:

  1. Genau genommen warst du nie klein - nur das Aufstehen musstest du noch lernen. Und seitdem überstrahlst du einfach alles. Und das zurecht.

    Alles Liebe von mir nochmal zum Abschluss ♥

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  2. Bin grad auf deinen Blog gestoßen..
    Schöner und sehr positiver Text, der Mut macht. Toll, dass du dich während der Ausbildung so verändert hast und zu dir finden konntest. Wenn man das bereits mit 24 Jahren sagen kann, dann ist das schon echt ne Leistung. ;)

    lg emmi

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